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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 02.03.2006
Aktenzeichen: 12 U 244/05
Rechtsgebiete: MB/KK
Vorschriften:
MB/KK § 4 Abs. 5 |
Oberlandesgericht Karlsruhe 12. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil
Geschäftsnummer: 12 U 244/05
Verkündet am 02. März 2006
In dem Rechtsstreit
wegen Übernahme von stationären und ambulanten Behandlungskosten
hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 02. März 2006 unter Mitwirkung von
Vors. Richter am Oberlandesgericht Zöller Richter am Amtsgericht Dr. Roth Richter am Oberlandesgericht Dr. Stecher
für Recht erkannt:
Tenor:
a) Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 26. August 2005 - 8 O 87/05 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 28.783,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus 9.702,00 € seit dem 10.01.2005, aus 2.310,00 € seit dem 20.01.2005, aus 1.995,82,82 € seit dem 17.02.2005 und aus 14.775,62 € seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
b) Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
c) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
d) Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die minderjährige Klägerin nimmt die Beklagte auf Erstattung von Kosten einer stationären Heilbehandlung in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Klägerin ohne vorherige Zusage der Beklagten in einer "gemischten Anstalt" untergebracht gewesen sei.
Gründe:
I.
Die minderjährige Klägerin nimmt die Beklagte auf Erstattung von Kosten einer stationären Heilbehandlung in Anspruch. Die Beklagte stellt die medizinische Notwendigkeit in Abrede und hält sich für leistungsfrei, weil die Klägerin ohne Genehmigung in einer "gemischten Anstalt" untergebracht gewesen sei.
Zwischen dem Vater der Klägerin und der Beklagten besteht ein Krankenversicherungsvertrag; versicherte Person ist die Klägerin. Diese wurde in der Zeit vom 09.11.2004 bis zum 28.02.2005 in der K-Klinik, Psychotherapeutisches Zentrum Bad-M, stationär behandelt. Auf Veranlassung der Erziehungsberechtigten hatte die Klinik vorab eine Kostenübernahme beantragt, die von der Beklagten mit der Begründung abgelehnt wurde, dass es sich bei der K-Klinik um eine so genannte "gemischte Anstalt" handle, in der neben medizinisch notwendigen klinischen Heilbehandlungen auch Kuren durchgeführt und Rekonvaleszente aufgenommen würden. Bei solchen Häusern bestehe nach § 4 Abs. 5 MB/KK nur dann ein Anspruch auf tarifliche Leistungen, wenn der Versicherer dies vor Behandlungsbeginn schriftlich zusage; eine solche Zusage werde für die K-Klinik nicht erteilt. Auch sei die medizinische Indikation für eine stationäre Psychotherapie nicht gegeben und die Klägerin stattdessen auf eine ambulante Therapie verwiesen.
Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung betrugen für die Dauer des stationären Aufenthalts 25.410 €, die Behandlungskosten nach GOÄ 4.397,68 €; von letzteren erstattete die Beklagte 1.024,24 € als Aufwendungen im Rahmen einer Kurbehandlung.
Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage auf Erstattung des Differenzbetrages in Höhe von 28.783,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz, und zwar aus 9.702 € seit dem 10.01.2005, aus 2.310 € seit dem 20.01.2005, aus 1.995,82 € seit dem 17.02.2005 und aus 14.775,62 € seit Rechtshängigkeit, abgewiesen.
Die Beklagte sei gem. § 4 Abs. 5 MB/KK leistungsfrei, da es sich bei der K-Klinik um eine "gemischte Anstalt" handle; es könne deshalb offen bleiben, ob eine stationäre Behandlung medizinisch notwendig gewesen sei oder nicht. Aus Prospekt und Internetauftritt der Klinik sei ersichtlich, dass die Einrichtung nach ihrer tatsächlichen Ausgestaltung und ihrem objektiven Leistungsangebot Behandlungen durchführe, die zumindest teilweise unter den Begriff der Kur- und Sanatoriumsbehandlung fielen. Insbesondere würden Sport, Entspannungstraining, autogenes Training, therapeutisches Reiten und Ernährungsberatung angeboten, die auf die Förderung des physischen und psychischen Allgemeinzustands gerichtet seien, wie dies für Kur- und Sanatoriumsaufenthalte typisch sei. Im Übrigen handele es sich auch deshalb um eine "gemischte Anstalt", weil die Klinik Rehabilitationsmaßnahmen durchführe und Rekonvaleszente aufnehme. Auch dies folgert das Landgericht aus dem Internetauftritt, wo auf das Bestehen eines einen Versorgungsvertrags mit den gesetzlichen Krankenversicherern nach § 111 SGB V hingewiesen wird. Ein solcher Vertrag werde nur mit Einrichtungen abgeschlossen, die zumindest auch der stationären Behandlung zu Rehabilitationszwecken dienten.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter. Sie beanstandet, dass das Landgericht seine Entscheidung nur auf Prospekt und Internetauftritt der K-Klinik gestützt, die von der Klägerin angebotenen Beweise aber nicht erhoben habe. Die Klägerin habe vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass es sich bei sämtlichen Therapieangeboten um anerkannte Behandlungsformen der psychosomatischen bzw. psychotherapeutischen Medizin handle, die als integrierter Bestandteil einer stationären Heilbehandlung zur Anwendung kämen. Andere Behandlungen würden in der K-Klinik nicht durchgeführt, was die Annahme einer "gemischten Anstalt" im Sinne von § 4 Abs. 5 MB/KK ausschließe. Im Übrigen sei die stationäre Behandlung bei Art und Schwere der Erkrankung medizinisch notwendig gewesen.
Die Beklagte beantragt unter Verteidigung des angefochtenen Urteils, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die zur Akte gereichten Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einvernahme des Zeugen Prof. Dr. P.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
Die Beklagte ist verpflichtet, die Kosten der stationären Heilbehandlung in Höhe von 28.783,44 € zu erstatten; dieser Betrag setzt sich zusammen aus den Kosten für Verpflegung und Unterkunft (25.410,00 €) sowie restlichen Behandlungskosten (3.373,44 €). Anspruchsgrundlage ist § 4 Abs. 1, Abs. 4 MB/KK 94 in Verbindung mit dem zugrunde liegenden Krankenversicherungsvertrag.
1. Die K-Klinik erfüllt unstreitig die Voraussetzungen der versicherungstechnischen Krankenhausdefinition (§ 4 Abs. 4 MB/KK). Eine stationäre Behandlung der Klägerin in der Zeit vom 09.11.2004 bis zum 14.01.2005 war medizinisch notwendig im Sinne von §§ 1 Abs.2, 4 Abs. 4 MB/KK. Zum Zeitpunkt der Aufnahme der Klägerin war es nach den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen vertretbar (Senat VersR 1997, 562; BGH VersR 1991, 987), die Klägerin zum Zweck der Diagnose und zur Durchführung der Heilmaßnahmen in stationäre Behandlung zu nehmen. Der Senat ist sogar davon überzeugt, dass der angestrebte Behandlungserfolg nicht durch ambulante Maßnahmen erreicht werden konnte (§ 286 ZPO). Dies folgt hinreichend aus dem ärztlichen Zeugnis der K-Klinik vom 17.03.2005, für das der Zeuge Prof. Dr. P verantwortlich zeichnete und dessen sachliche Richtigkeit der Zeuge bei seiner Vernehmung durch den Senat bestätigte. Die detaillierten Feststellungen des ärztlichen Zeugnisses, insbesondere zu der Diagnose, den Beschwerden bei Aufnahme und dem psychopathologischen Befund, belegen - wie schon das Attest des Hausarztes vom 26.06.2004 - die schwere psycho-somatische Erkrankung der Klägerin und die Notwendigkeit einer stationären Diagnose und Therapie. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedarf es hier deshalb nicht. Gegenbeweis hat die Beklagte nicht angetreten.
2. Die Beklagte ist nicht gem. § 4 Abs. 5 MB/KK leistungsfrei. Nach dieser Bestimmung wäre die Beklagte zu Leistungen nicht verpflichtet, wenn in der K-Klinik außer stationären Heilbehandlungen auch Kuren bzw. Sanatoriumsbehandlungen durchgeführt oder Rekonvaleszente aufgenommen werden. In gemischten Anstalten dieser Art müssen tarifliche Leistungen nur dann gewährt werden, wenn der Versicherer dies - wie hier nicht - vor Behandlungsbeginn schriftlich zusagt. Für das Vorliegen der Voraussetzungen einer "gemischten Anstalt" ist die Beklagte beweispflichtig, die den ihr obliegenden Nachweis (OLG Hamm RuS 1994, 229) jedoch nicht geführt hat. Es kann daher offen bleiben, ob der Beklagten die Berufung auf diesen Risikoausschluss schon deshalb versagt ist, weil möglicherweise keine andere stationäre Einrichtung für ihre Behandlung zur Verfügung stand.
Für die Abgrenzung der stationären Heilbehandlung von einer Kur- oder Sanatoriumsbehandlung wird als entscheidend angesehen, ob die jeweilige Behandlung nach dem Gesamtbild der Einrichtung des Hauses und der tatsächlich angebotenen Leistung, nach allgemeinem Sprachgebrauch und Verständnis eher einer Krankenhausbehandlung herkömmlicher Art oder eher einer Kur- oder Sanatoriumsbehandlung entspricht. Von einer stationären Heilbehandlung ist in der Regel dann auszugehen, wenn die - zumeist akut erkrankten - Patienten einer vergleichsweise intensiven Betreuung durch das ärztliche Personal bedürfen oder bei der Behandlung physikalische und chemische Mittel im Vordergrund stehen. Dagegen kennzeichnet eine Kur oder Sanatoriumsbehandlung, dass die Patienten, die in der Regel an leichteren chronischen Krankheiten leiden oder nach einem Krankenhausaufenthalt bereits weitgehend genesen sind, durch eine geregelte Lebensweise, eine zweckmäßige Diät oder durch die Herausnahme aus der gewohnten Umgebung und die Fernhaltung störender Umwelteinflüsse völlig wiederhergestellt werden sollen (vgl. BGH NJW 1983, 2088; OLG Koblenz, VersR 1994, 800 ; OLG Stuttgart NVersZ 99, 265). Der Annahme einer stationären Heilbehandlung steht dabei nicht entgegen, dass nicht nur eine rein medizinische Behandlung (Diagnostik, medizinische und physikalische Therapie) erfolgt, sondern in Ergänzung zu der konventionellen Behandlung des Patienten weitere Maßnahmen durchgeführt werden, die nach anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen für eine stationäre Heilbehandlung als notwendig und dienlich angesehen werden, mag es sich dabei auch um solche Maßnahmen handeln, die allgemein als funktionelle, berufliche oder soziale Rehabilitation bezeichnet werden (OLG Karlsruhe VersR 78, 615).
I. Die Zielsetzung des Risikoausschlusses ist nach wie vor berechtigt (BGH VersR 1983, 567; OLG Karlsruhe VersR 1997, 37). Die Vorschrift will den Versicherer, der nur eine klinische Behandlung, nicht aber auch Kur- und Sanatoriumsbehandlungen finanzieren muss, bei einem stationären Aufenthalt in einer Anstalt, die beide Möglichkeiten bietet, von der nachträglichen, oft schwierigen Überprüfung freistellen, ob eine notwendige Heilbehandlung oder - wenn auch nur teilweise - eine Kur- oder Sanatoriumsbehandlung stattgefunden hat (OLG Stuttgart NVersZ 1999, 265). Allerdings ist fraglich, ob Entwicklungen der Medizin zumindest in einigen Fachbereichen nicht dazu geführt haben, dass § 4 Abs. 5 MB/KK mit seinem überkommenen, schon immer einen gehörigen Auslegungsaufwand erfordernden Wortlaut mittlerweile unklar und deshalb gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam geworden ist oder zu werden droht. So finden nicht nur im Bereich der stationären psychotherapeutischen Medizin, sondern auch im Bereich der Psychiatrie und Psychosomatik zwischenzeitlich Therapieformen Anwendung, die bei isolierter Betrachtung und nach allgemeinem Sprachgebrauch durchaus als Maßnahmen der funktionellen, beruflichen oder sozialen Rehabilitation bezeichnet werden können. Finden in einer Klinik diese Therapien ausschließlich als integrierter Bestandteil einer stationären Heilbehandlung statt, führt dies bei der gebotenen restriktiven Auslegung (BGH VersR 2003, 360) zwar nicht zu der Annahme einer gemischten Anstalt und damit auch nicht zu einem Ausschluss der Leistungspflicht nach § 4 Abs. 5 MB/KK. Gleichwohl könnte der Wortlaut aber gerade bei solchen Fallgestaltungen geeignet sein, den durchschnittlichen Versicherungsnehmer und medizinischen Laien in erheblichem Maße irrezuführen, indem er zu der objektiv unzutreffenden Annahme verleitet wird, der Leistungsausschluss greife ein, weil die Maßnahmen auch als Teil einer Kur, einer Sanatoriumsbehandlung oder bei Rekonvaleszenten durchgeführt werden können. Die Bestimmung kann damit die Gefahr begründen, dass der Verwender die ihm scheinbar eingeräumten weiter reichenden Möglichkeiten, Leistungen im Hinblick auf einzelne Elemente einer stationären Therapie zu versagen, unangemessen einsetzt und dazu nutzt, berechtigte Ansprüche des anderen Teils abzuwehren (vgl. dazu Palandt/Heinrichs 65. Aufl. § 307 Rdnr. 20).
Letztlich muss hierüber im vorliegenden Fall jedoch nicht entschieden werden, da die Beklagte den Nachweis nicht geführt hat, dass in der K-Klinik Kur- bzw. Sanatoriumsaufenthalte durchgeführt oder Rekonvaleszente aufgenommen werden.
II. Der Senat verkennt nicht die Beweisschwierigkeiten der Beklagten, die bei im einzelnen fließenden Übergängen und ohne selbst Zugang zu den Unterlagen einer Klinik zu haben, nachweisen muss, dass dort Behandlungen stattfinden, die der Erholungs- oder Rehabilitationsmedizin zuzuordnen sind und den Charakter einer gemischten Anstalt begründen. Abgesehen davon, dass es grundsätzlich Sache des Versicherers ist, für eine gerade auch für seine Belange praktikable Ausgestaltung bzw. Formulierung des Risikoausschlusses Sorge zu tragen, kann gleichwohl dem Leistungsangebot einer Klinik, wie es sich aus Internetauftritt und Werbeprospekt ergibt, erhebliche Bedeutung für seine Beweisführung zukommen. So könnten insbesondere auch Internetauftritt und Prospekt der K-Klinik bei isolierter Betrachtung geeignet sein, den Nachweis einer gemischten Anstalt zu führen. Dies gilt zum einen für bestimmte dort genannte Therapieangebote, die für sich genommen jedenfalls nicht dem typischen Bereich der stationären Krankenhausbehandlung zuzuordnen sind. Zum anderen wirbt die Klinik damit, dass die Kosten der stationären Behandlung von den gesetzlichen Krankenkassen auf der Grundlage eines Versorgungsvertrages nach § 111 SGB V übernommen würden. Die zitierte Vorschrift betrifft ihrem Wortlaut nach nur medizinische Leistungen zur Vorsorge, Rehabilitation und Anschlussheilbehandlung, die eine stationäre Behandlung, aber keine Krankenhausbehandlung erfordern (§ 111 Abs. 1 SGB V). Außerdem wirbt die Klinik damit, dass in Einzelfällen die Aufnahme von Personen auf Veranlassung der gesetzlichen Rentenversicherungsträger möglich sei, was ebenfalls Indiz für eine gemischte Anstalt sein kann.
III. Die Klägerin hat allerdings schon in erster Instanz behauptet und unter Beweis gestellt, dass die Therapieangebote der K-Klinik typische Elemente der psychotherapeutischen Krankenhausbehandlung darstellten. Dementsprechend würden dort nur krankenhausbehandlungsbedürftige Patienten, nicht aber Rekonvaleszente, aufgenommen, die einer intensiven medizinischen Versorgung und Kontrolle bedürften. Diese Behauptungen der Klägerin waren beachtlich. Die Beklagte hat sie nicht zu widerlegen vermocht.
Zwar vermitteln die Therapieangebote der K-Klinik laut Prospekt, insbesondere Sport, Bewegung, Entspannungstraining, autogenes Training, progressive Muskelentspannung und Ernährungsberatung bei isolierter Betrachtung und nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht den Eindruck einer spezifische Krankenhausbehandlung, sondern scheinen eher auf die Förderung des Allgemeinzustandes gerichtet zu sein, wie dies für eine Kur- oder Sanatoriumsbehandlung typisch ist. Jedoch hat das Landgericht, indem es den angebotenen Beweis nicht erhoben hat, verkannt, dass es sich bei diesem Therapieangeboten zugleich auch um Elemente einer stationären Psychotherapie handeln kann, die als integrierter Bestandteil einer lege artis praktizierten Behandlung nicht isoliert betracht werden dürfen. Behandlungen dieser Art unterfallen nicht dem Ausschlusstatbestand in § 4 Abs. 5 MB/KK.
Bei seiner Vernehmung durch den Senat hat der der Zeuge Prof. Dr. P die Behauptung der Klägerin bestätigt, wonach in der K-Klinik keine Kur- oder Sanatoriumsbehandlungen durchgeführt werden. Der Zeuge hat das Behandlungskonzept der Einrichtung im Einzelnen erläutert, das auf die Ermittlung und stationäre Behandlung der den jeweiligen Krankheitsbildern zugrunde liegenden unverarbeiteten emotionalen Belastung ausgerichtet sei und die Methoden der psychotherapeutischen Medizin zur Anwendung bringe. Dabei handele es sich um eine intensive stationäre Behandlung nach den anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst, die sich seit der Einführung des Facharztes für psychotherapeutische Medizin im Jahr 1992 herausgebildet habe; die einzelnen Therapieangebote seien integrierter Bestandteil dieses Behandlungskonzepts. Die Patienten würden regelmäßig von niedergelassenen Ärzten überwiesen und zwei bis vier Monate stationär behandelt, während für eine Kurbehandlung nach den Methoden der Erholungsmedizin Aufenthalte von drei bis acht Wochen typisch seien. Der Zeuge hat dargelegt, dass vor dem Hintergrund dieses Behandlungskonzepts schon seit Ende der 90-iger Jahre in der K-Klinik ausschließlich stationäre Heilbehandlungen dieser Art durchgeführt würden. Nachvollziehbar hat der Zeuge erläutert, dass die beschriebene Methodik auch bei psychotischen Erkrankungen Anwendung finde. Zwar führe die Klinik in ihrem Internetauftritt unter der Rubrik "Welche Krankheitsbilder werden bei uns behandelt" u.a. "Psychosen außerhalb der akuten Krankheitsphase" auf. Dies bedeute jedoch nicht, dass insoweit nur stabilisierende oder rehabilitierende Maßnahmen durchgeführt würden. Vielmehr gehe es um die intensive stationäre Behandlung des Grundleidens, die bei der Art der Erkrankung allerdings nur außerhalb der akut-psychotischen Phasen möglich sei.
Bei der Würdigung dieser Aussage verkennt der Senat nicht, dass der Zeuge als ärztlicher Direktor der K-Klinik dem vorliegenden Rechtsstreit möglicherweise nicht unbeteiligt gegenüber steht und ein eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens haben könnte. Indessen bieten die schlüssigen Ausführungen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge die Unwahrheit gesagt hätte. Angesichts dieser Zeugenaussage aber kann die Beklagte allein durch die Vorlage des Prospektmaterials der K-Klinik und die Berufung auf deren Internetauftritt den ihr obliegenden Nachweis nicht führen, dass in der Einrichtung auch Kur- und Sanatoriumsaufenthalte stattfänden. Weiteren Beweis hat die Beklagte nicht angeboten.
IV. Die Beklagte wäre, unabhängig von der Frage einer Kur- und Sanatoriumsbehandlung, auch dann leistungsfrei, wenn die K-Klinik Rekonvaleszente aufnimmt. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn Rehabilitationsmaßnahmen oder Anschlussheilbehandlungen für gesetzliche Rehabilitationsträger durchgeführt werden, die der Rekonvaleszenz dienen (vgl. § 4 Abs. 5 S. 1 2. Alt. MB/KK). Der Ausschlusstatbestand ist auch insoweit eng auszulegen. Es kann deshalb - entgegen der Auffassung von Bach/Moser/Schoenfeldt-Kalis, Private Krankenversicherung, 3. Aufl. (2002) § 4 Rdnr. 104 - nicht ausreichend sein, dass die Klinik eine solche Behandlung lediglich anbietet. Nach dem eindeutigen Wortlaut ist vielmehr erforderlich, dass rekonvaleszente Personen auch tatsächlich aufgenommen werden, mag dieser Nachweis im Einzelfall auch schwieriger und nicht schon durch die Vorlage von Prospektmaterial zu führen sein. Nichts anderes ergibt sich aus den von Bach-Moser aaO. zitierten Gerichtsentscheidungen, die jeweils Sachverhalte betrafen, in denen zwei unterschiedliche ausgerichtete Anstaltsbereiche tatsächlich betrieben wurden (OLG Köln, VersR 1994, 849; OLG Stuttgart NVersZ 1999, S. 265). Vor diesem Hintergrund kann das Bestehen eines Vertrages nach § 111 SGB V zwar, wie das Landgericht annimmt, ein Indiz dafür sein, dass eine Einrichtung Rekonvaleszente im Sinne von § 4 Abs. 5 MB/KK aufnimmt; es machte jedoch angesichts der Behauptungen der Klägerin die beantragte Beweiserhebung nicht entbehrlich.
Der Zeuge Prof. Dr. P hat hierzu angegeben, dass zwar ein Vertrag nach § 111 SGB V bestehe, dem aber aus seiner Sicht nur abrechnungstechnische Bedeutung für die gesetzlichen Krankenkassen zukomme. Tatsächlich würden in der K-Klinik auch in diesem Rahmen nur stationäre psychotherapeutische Behandlungen der beschriebenen Art durchgeführt. Soweit in wenigen Einzelfällen die Kosten der Behandlung von einem gesetzlichen Rentenversicherungsträger übernommen worden seien, gelte nichts anderes; auch in diesen Fällen habe es sich stets um Patienten gehandelt, die krankenhausbehandlungsbedürftig gewesen und eine umfassenden medizinischen Versorgung und Kontrolle benötigt hätten. Es entspreche seiner Beobachtung, dass die gesetzlichen Rentenversicherungsträger psychisch kranke Personen zwar regelmäßig in eigenen Rehabilitationseinrichtungen unterbrächten, in Ausnahmefällen aber auch auf Fachkliniken wie die K-Klinik zugingen, wenn das Krankheitsbild eine stationäre psychotherapeutische Behandlung erfordere.
Diese schlüssigen Angaben bieten gleichfalls keine Anhaltspunkte, die die Aussage des Zeugen unglaubhaft erscheinen ließen. Angesichts der Zeugenaussage aber vermochte die Beklagte allein durch die Vorlage von Prospekt und Internetauftritt den ihr obliegenden Nachweis nicht zu führen, dass in der K-Klinik tatsächlich Rehabilitationsmaßnahmen stattfinden.
III.
Die beantragten Zinsen waren gem. §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 291, 288 Abs. 1 BGB zuzusprechen; die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Ende der Entscheidung
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